Samstag, 26. Mai 2012

„Was ist das wichtigste am Dreieck?“

„…Das Ei, sonst wäre es ja nur Dreck.“ Dieser Witz prägt noch immer unsere Erinnerung an den Matheunterricht von Herrn Rollfing. Markus Rollfing, Jahrgang 1966, unterrichtet an unserer Schule neben Mathe auch Sport.


Sie sind ja ein sehr engagierter Lehrer hier an der Schule. Sind Sie stolz, Lehrer hier zu sein, was denken Sie über die Schule?
Stolz ist immer schwierig, stolz kann man auf was ganz Besonderes sein. Ich bin gerne Lehrer an dieser Schule. Die finde ich klasse! Es ist wirklich eine gute Schule; ich habe verschiedene Schulen ausprobiert, und unsere ist wirklich toll. Auch wegen der Kollegen, die man hier hat. Die Schülerinnen und Schüler sind total nett, nette Eltern haben wir auch. Ich fühle mich wirklich wohl hier.

Und Sie engagieren sich ja auch ziemlich, man merkt es ja zum Beispiel am Sponsorenlauf – Sie sind eigentlich bei allem immer mit dabei. Haben sie konkrete Vorstellungen oder Wünsche, was  mit dem Geld vom Sponsorenlauf gemacht werden soll?
Da habe ich mich jetzt noch nicht so richtig reingehängt. Ich fand nur das Außenhofprojekt, ganz klasse. Ich finde, da kann man noch unheimlich was machen. Die Idee fand ich sinnvoll, und deshalb dachte ich mir, ist es auf jeden Fall eine schöne Sache, da Geld einzusammeln. Man braucht ja auch ein bisschen Geld, um etwas zu bewegen. Wenn wir nur tausend Euro für das ganze Projekt gehabt hätten, wäre das zu wenig gewesen.
Ich dachte, da kann ich vielleicht ganz leicht mit einer Sache, die mir selber auch Spaß macht, etwas bewirken. Ich glaube, das hat auch ein bisschen Schwung in den Sponsorenlauf gebracht. Das war von mir für das Kollegium gedacht, nach dem Motto: „Wir machen auch was.“ Von Lehrerseite stellvertretend für alle.

Hätten Sie damit gerechnet, dass Sie so viele Spender finden? Auch bei den Eltern?
Ich hatte es gehofft. Und eigentlich, so nett, wie ich die Schule sehe, hab ich ganz dreist zu diesen tausend Euro aufgerufen. Das war ja diese magische Grenze, die ich kriegen wollte. Aber richtig begeistert hat mich dann, dass wir es ja deutlich überschritten haben. Ich habe letztlich doch 1500 € erlaufen und dazu noch so viele nette Mails. Das war dann schon sehr schön zu sehen, wie viel Unterstützung kommt und wie positiv das aufgenommen wurde. Und man muss ja auch dazu sagen, dass die Eltern - da hab ich wirklich Respekt gehabt - häufig mich und dann ja auch noch ihre eigenen Kinder gesponsert haben. Da waren viele Eltern auch wirklich sehr großzügig.

Im Lehrerzimmer sieht man ja schon von der Tür aus das Schild „Markus-Rollfing-Platz“. Was genau hat es damit auf sich?
Ursprünglich war das so ein Scherz, es hätte Markusplatz heißen sollen, wegen des Markusplatzes in Venedig. Wir haben ja vor zig Jahren die Lehrerzimmer umgebaut. Ich weiß nicht, ob ihr noch den alten Zustand kennt?
Früher gab es eigentlich nur zwei Lehrerzimmer und der eine kleine Klassenraum, das war die
Lehrerbibliothek. Da musste man immer außen herum hinrennen. Da war meine Idee - ich hatte das in Dänemark mal gesehen - einfach Klassenraum und Lehrerzimmer zu tauschen und eine Tür einzubauen. Im Mittelraum wird ja nicht so richtig gearbeitet. Wenn ihr mal  im Lehrerzimmer seid, sieht man, dass in den Außenräumen  alles voller Papiere ist und die Leute arbeiten. In der Mitte ist dieses Sofa, zum Quatschen, das war meine Idee, dafür habe ich mich eingesetzt. Das Projekt lief über mehrere Jahre, bis ich auch genügend Unterstützung hatte, dass die Leute gesagt haben: „Das machen wir jetzt mal.“ Und ich weiß gar nicht, wer auf die Idee gekommen ist, nachher dann irgendwann diesen Scherz zu machen, „Da müsste doch jetzt dir zu Ehren ein Markusplatz hinkommen.“ Und irgendjemand hat es dann zu gut gemeint und gleich den Markus-Rollfing-Platz daraus gemacht. Die wollten einfach was Nettes machen,  die Kollegen.

Dann mal etwas anderes, ein bisschen politischer: Was ist ihre Meinung zur Schulpolitik in Berlin?
Oh, da muss ich ja als Beamter vorsichtig sein mit sowas. Ähm, 
ich finde sie katastrophal.
Also nicht mal nur die Schulpolitik, sondern auch die Gewichtung, wo Geld rein investiert wird. Das macht mich dann immer wütend. Ich denke, das ist so zentral, Thema Bildung, und da müsste man die Prioritäten verschieben. Es gäbe aus meiner Sicht auch ohne Ende Ansätze, wie man Schule schöner und besser machen könnte, ohne dass es viel mehr Geld kostet. Man müsste einfach nur ein bisschen kreativer rangehen.

Und haben Sie noch Hoffnung, dass sich in nächster Zeit groß etwas ändert? Eigentlich sieht es ja nicht so aus, aber hofft man da als Lehrer nicht?
Also, ich bin da ein bisschen desillusioniert. Aber ich habe generell, was Politik angeht, zur Zeit wenig Hoffnung. Ich finde, die großen Themen werden nicht angepackt, und das ist schade. Wie zum Beispiel dieses ganze große Klimading. Das ist völlig von der Agenda verschwunden, davon redet kaum einer mehr.
Man schiebt das immer weiter an den Nächsten. Wahrscheinlich muss eure Generation es lösen. Und ihr müsst auch das Schulproblem irgendwann lösen. Wobei es hier bei uns, finde ich, nicht ganz so dramatisch ist mit dieser Bildungspolitik, weil wir hier sozusagen auf einer Insel sitzen mit unserer Schule.
Das liegt an diesen netten Schülern und den Eltern dahinter, die sich alle Mühe geben. Dadurch funktioniert das hier. Da kann man auch mal Quatsch machen, und es funktioniert trotzdem.

Dürfen wir Sie fragen, warum Sie Lehrer geworden sind?
Das hat sich so ergeben. Ich wollte eigentlich etwas ganz anderes machen, aber Interesse hatte ich schon immer, Lehrer zu werden. Es gibt verschiedene Sachen, die mich auch interessieren würden als Beruf, aber ich mache das hier gerne, und das passt schon.

Warum genau unterrichten Sie Mathe und Sport?
Das hat sich so ergeben: als ich studiert habe, sah es nach einer hohen Lehrerarbeitslosigkeit aus, also habe ich Mathe genommen, um im Zweifelsfall in den Informatik-Bereich zu wechseln. Und Sport habe ich genommen, weil es mir auch selbst richtig Spaß macht.
Mathe war eine reine Vernunftentscheidung,
aber mittlerweile liebe ich das Fach und würde es auch aus Interesse wählen.
Was unterrichten Sie lieber: Mittelstufe oder Oberstufe?
Kann ich gar nicht so sagen, es hängt immer von den Gruppen ab, es gibt manchmal Klassen, bei denen man denkt „Mann, ist das anstrengend hier“ und nach einer Weile läuft sich das zurecht und es macht total viel Spaß. Das gibt es natürlich auch andersherum und genauso in der Oberstufe, dass es ganz tolle Kurse gibt und es manchmal ein bisschen zäh wird.
Aber ob ich in der Mittel- oder Oberstufe unterrichte, ist mir völlig egal, solange das nette Menschen sind.

Ihr Unterricht wird ja teilweise als ganz anders und viel lockerer beschrieben als der anderer Lehrer, was sagen Sie dazu, sehen Sie da auch einen Unterschied?
Naja, das kann ich ja schwer selbst beurteilen, weil ich den Unterricht der anderen Lehrer nicht erlebe, aber die Schüler behaupten immer, es sei lockerer, wobei das, glaube ich, bei vielen ein Trugschluss ist. In meinem Unterricht ist mir Selbständigkeit mit am wichtigsten, ich sage „Es ist euer Ding, macht mal!“. Ich bin da ganz offen, wenn jemand nicht will, dann eben nicht.
Das macht den Unterricht aber auch auf eine Art anspruchsvoller,
die Schüler müssen sich ja sehr stark selbst regulieren.
Ich zweifle aber manchmal auch selber dran und denke, dass ich ein bisschen strenger werden sollte, um die paar Schluffis aus der Reserve zu locken, aber eigentlich klappt es ja so sehr gut. Phasenweise bin ich ja aber auch strenger und achte mehr darauf, dass alle mitarbeiten. Ich stecke lieber meine Energie in die Schüler, die zu mir kommen und etwas wissen wollen, als in die, die es eigentlich gar nicht interessiert und die nichts lernen wollen.

Was war die beste Spickaktion, die Sie gesehen haben?
Naja, die beste wird die gewesen sein, die ich nicht gesehen habe. Ich gehe fest davon aus, dass kräftig gespickt wird. Wobei ich Spicken eigentlich gar nicht so schlimm finde. Unqualifiziertes Abschreiben finde ich doof, das kriege ich manchmal mit und stelle dann Schüler zur Rede und bewerte auch mal mit einer 6, wenn das völlig offensichtlich war.
Aber wenn sich jemand die Mühe macht, sich auf eine Mathearbeit vorzubereiten und sich etwas aufschreibt, was er sich einfach nicht merken kann, und dann in der Arbeit die Aufgaben lösen kann, finde ich das in Ordnung, weil ja auch nicht jeder alles wissen kann. Dass man weiß, wo was steht, ist ja auch was wert. Dass man das dann kreativ nutzen kann, ist das Wichtigste.
In manchen meiner Arbeiten ist ein Spickzettel ja auch ausdrücklich erwünscht, da soll jeder sich auf einem Zettel alles aufschreiben, was er für wichtig hält.

Was uns auf jeden Fall in Erinnerung geblieben ist aus Ihren Mathestunden,  ist der Witz mit dem Dreieck…
…ja, den mache ich immer wieder gerne. „Was ist das Wichtigste am Dreieck…?“

Erinnern Sie sich noch daran, wo Sie den her haben?
Ach, sowas hört man halt irgendwo oder findet es in Fundgruben für Vertretungsstunden… ein paar Sachen merkt man sich, den Witz finde ich einfach ganz nett.

von Jana und Gina